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Über Andreas Kock„Little Miss Newton“ lautet der Titel der neuen Bilderserie des Schweden Andreas Kock. Offener und zugleich respektvoller kann man dem Erfinder des Fashion-Nudes seine Referenz wohl nicht erweisen. Wie Helmut Newton ist auch Andreas…HINTERGRUNDINFORMATIONEN
„Little Miss Newton“ lautet der Titel der neuen Bilderserie des Schweden Andreas Kock. Offener und zugleich respektvoller kann man dem Erfinder des Fashion-Nudes seine Referenz wohl nicht erweisen. Wie Helmut Newton ist auch Andreas Kock ein Genre-Erfinder, allerdings im Sinne einer zweiten oder nachfolgenden Generation. Der Fashion-Fotograf ist bekannt für seine inszenatorischen und ungewöhnlichen Modestrecken, in denen er bewusst auf filmische und kunstgeschichtliche Vorbilder zurückgreift. Sei es der heimliche Blick in das hell erleuchtete Zimmer eines gegenüberliegendes Hauses wie in Hitchcocks Klassiker „Rear Window“ oder die schlagschattenreiche Stille eines nüchternen Innenraumdekors wie bei Edward Hopper –Kock zitiert bekannte Bildstile und Settings, um sie mit neuem Esprit und Inhalt auszustatten. Das ist spielerisch, das ist gewagt, das ist originell. Zitat und Neuausstattung liegen so dicht beieinander, dass ein brisanter Zwischenraum der Wahrnehmung entsteht zwischen Original und Pastiche. So zeigen Körper, Pose und Blick des Models jenes Newtonsche Spannungsmoment von freizügiger Nacktheit bei maximal idealisierter Schönheit. Das Interieur ist gewohnt opulent. Gleichzeitig schwelgt das Bild in einer edel glänzenden Tönung, die sich dem dunklen Teint des Models und den tiefen Schatten im Bild hervorragend anpasst. Gerade dieser Stich ins Bräunliche hebt sich deutlich von Newtons Farbpalette ab. Im Spiegelblick des Models sind beide Momente noch einmal vereint: als Referenz an die Bildsprache Newtons und als bewusstes Spiel mit dem Motiv der Identität.
Stephan Reisner
FENSTER ZUM HOF
Erinnern Sie sich an Hitchcocks Film „Rear Window“, den Hinterhof, wo sich im Fenster auf der anderen Seite des Hofes eine geheimnisvolle Geschichte entwickelt? Etwas von dieser erwartungsvollen Spannung, wenn auch sicher ohne das im Film vermutete Gewaltverbrechen, liegt auch in den Fotografien von Andreas Kock aus Stockholm. Ursprünglich als Modestrecke entstanden –wieder einmal entpuppt sich die Modefotografie als Quelle spannender Fotografien … –, faszinieren seine Bilder durch ihre Emotionalität und ihre bis ins kleinste Detail präzise inszenierte Szenerie. Kock gilt als Perfektionist; seine Bühnenräume entstehen stets im Stadium des Konzepts. Auf dem Set agiert er wie ein Theaterregisseur und will das in seinem Kopf vorhandene Bild möglichst genau in seine Hasselblad- oder Mamiya-Kamera transferieren. Seine Figuren sind weiblich, selbstbewusst und stark, oft in herausfordernden Posen dargestellt. Seine klare, theatralische Farbführung und die hell-dunklen Lichtkontraste erinnern an den amerikanischen Maler Edward Hopper. Mit diesem verbindet ihn auch die Lust am Subtext, an den Geschichten, die er mit seinen Bildern stets nur andeutet.VITA
Andreas Kock ist ein Mann mit großer Wirkung.
Zunächst tätig als Artdirektor, hat sein Interesse an Fotografie, insbesondere konzeptionell starken, visuellen Darstellungen, Mode und Frauen in seinem Schaffen bald Überhand genommen.
Als Fotograf hat er sehr schnell eine eigene künstlerische Handschrift entwickelt, geprägt durch Qualitäten, wie hohe Energie, intensive Farben, Interaktion mit den Models und der raren Fähigkeit Bilder mit einer enormen visuellen Anziehungskraft, die zum Teil auch provokante Elemente beinhalten, zu kreieren.
Andreas inszeniert seine persönlichen Arbeiten und auch Modestrecken, als bis ins kleinste Detail präzise inszenierte Szenerien, die immer auf einer starken konzeptionellen Idee basieren. Häufig sind die Arbeiten inspiriert durch Kunst, Filmszenen, Sex oder Frauen ansich.
Chinesische Filme, insbesondere Arbeiten des Regisseurs Wong Kar-Wai, sind wichtige Inspirationen für seine Arbeit. Bei den Fotografen Kollegen bewundert Andreas insbesondere den klassischen Meister der Fotografie Richard Avedon und Philip-Lorca diCorcia, den Trendsetter der späten Neunziger.
Da sein Art und Weise die Bilder zu inszenieren sehr persönlich ist, bevorzugt er mit den gleichen Models über längere Zeit hinweg zu arbeiten.
Unlängst hat Andreas Kock Editorials für hochkarätige Mode- und Lifestylemagazine, u.a. Bon, Plaza, Glamour, Tush sowie Werbekampagnen für JC, Don Donna und Saab fotografiert.INTERVIEW
Die "Stalker-Serie" wurde erstmals vor über 10 Jahren bei LUMAS gezeigt und war sofort ein Erfolg. Die neuen Kunstwerke sind eine Fortsetzung der Serie exklusiv für LUMAS. Können Sie uns mitteilen, was Sie bei der Schaffung dieser neuen Kunstwerke inspiriert hat?
"Ich war schon eine Weile neugierig darauf, Bilder mit von Wes Anderson inspirierten Charakteren und Kulissen zu schaffen, aber mit einer eher Edward-Hopper-esken Ästhetik. Also habe ich im Grunde Wes Anderson-inspirierte Charaktere, Styling und Requisiten kombiniert und sie in ein Edward Hopper-Gemälde gesetzt."
Was ist das übergreifende Thema oder die Botschaft, die Sie mit dieser neuen Serie vermitteln wollen?
"Wie immer dient das Stalker-Thema als Wurzel und primäre Inspirationsquelle, die für Spannung im Werk sorgt. Ich wollte, dass sich diese Serie analoger anfühlt und mit Gemälden vergleichbar ist. In einer Zeit, in der die künstliche Intelligenz hyperrealistische Fotos generiert, ist es wichtiger denn je, echte handwerkliche Arbeit hervorzuheben und ihre Produktion sorgfältig zu überwachen. Um dies zu erreichen, habe ich diese Bilder mit 120-mm-Hochgeschwindigkeitsfilm aufgenommen und eine volle Blende eingestellt, um die Körnung der Negative zu verstärken."
Ihre akribische Liebe zum Detail und Ihre Präzision bei der Inszenierung sind in Ihren Arbeiten offensichtlich. Können Sie uns mehr darüber erzählen, wie Sie die konzeptionelle Phase angehen und wie sie sich am Set entwickelt? Wie stellen Sie sicher, dass das endgültige Bild mit Ihrer ursprünglichen Vision übereinstimmt?
"Ich bin sehr vorsichtig und präzise bei der Planung der Arbeit, einschließlich Bühnenbild, Figuren, Modelle, Styling, Farben, Beleuchtung und mehr. Jedes Bild wird sorgfältig nach ästhetischen Gesichtspunkten gestaltet. Sobald ich jedoch mit den Dreharbeiten beginne, kann innerhalb des von mir geschaffenen Rahmens alles passieren. Sobald ich hinter der Kamera stehe, bin ich ziemlich frei im Prozess; die Starrheit liegt in der anfänglichen Planungsphase." Das Konzept von "Rear Window" bringt eine erwartungsvolle Spannung in Ihre Fotografie, die an Hitchcocks Film erinnert."
Wie haben Sie diese Atmosphäre in Ihren Bildern umgesetzt, und wie sah der kreative Prozess hinter diesem speziellen Set aus?
"Dieses Set wurde durch eine Mischung aus den Farben der Gemälde von Edward Hopper und dem Stil der Filme von Wes Anderson inspiriert. Außerdem ist es eine subtile Hommage an den legendären schwedischen Filmemacher Ingmar Bergman."
Können Sie uns weitere Einflüsse nennen, die eine wichtige Rolle in Ihrer Arbeit gespielt haben, und wie Sie diese Inspirationen in Ihre Fotografie integriert haben?
"Ich denke gerne, dass meine Arbeit sehr persönlich ist, aber es ist unvermeidlich, dass meine Inspirationsquellen und künstlerischen Vorbilder in meinen Kreationen zu finden sind. Künstler wie der Maler Edward Hopper und der Fotograf Philip-Lorca Di Corcia haben mich im Laufe der Jahre tiefgreifend beeinflusst. Ich kehre immer wieder zu diesen Quellen zurück."
Ihre Motive strahlen oft Selbstvertrauen und Stärke aus und werden in provokanten Posen dargestellt. Was reizt Sie daran, diese Eigenschaften in Ihrer Fotografie einzufangen, und wie arbeiten Sie mit Ihren Modellen, um diese Eigenschaften hervorzuheben?
"Ich schleiche nicht herum und versuche, etwas aus den Modellen herauszuholen, das nicht da ist. Ich wähle bewusst Modelle aus, die selbstbewusst sind und wissen, was ich während des Shootings von ihnen erwarte. Wenn ich zum Beispiel möchte, dass jemand am Set nackt ist, ist das keine große Sache; es wird erwartet und ist ganz natürlich. Ich glaube, dass sich dieses Vertrauen in den Modellen auf meinen Fotos widerspiegelt."
Können Sie uns etwas über die Herausforderungen oder besonderen Erfahrungen erzählen, die Sie bei der Arbeit an "Stalker" gemacht haben? Gab es Momente, die Ihnen bei der Entstehung dieser Serie besonders aufgefallen sind?
"Wenn man durch Fenster fotografiert, ist es besser, dies nachts zu tun, um Reflexionen zu minimieren. Generell gilt, dass der Innenraum heller sein sollte als der Außenbereich. Aufgrund einer Verzögerung in der Produktion musste ich die Serie während der hellsten Zeit des Jahres im Juni in Stockholm, Schweden, aufnehmen (was natürlich ein Fehler war). Dadurch konnte ich nur maximal 4 Stunden drehen, da die Sonne um 23 Uhr unterging und um 3 Uhr morgens aufging. Das war, gelinde gesagt, eine äußerst stressige Erfahrung. Ursprünglich hatte ich 6-8 Aufnahmen geplant, aber ich habe es gerade mal auf 5 geschafft."
Abgesehen von der visuellen Ästhetik vermitteln Ihre Bilder oft ein Gefühl der Erzählung oder des Geschichtenerzählens. Gibt es bestimmte Geschichten oder Themen, die Sie in Ihrer Kunst immer wieder aufgreifen?
"Ich neige dazu, Elemente in die Bilder einzubauen - Anhaltspunkte, die den Betrachter dazu bringen könnten, seine eigene Geschichte zu erfinden. Ich ziehe es vor, Geschichten zu suggerieren, anstatt sie explizit zu erzählen."
Wie stellen Sie sich die Wirkung Ihrer Kunst auf diejenigen vor, die sie sehen? Welche Emotionen oder Gedanken sollen die Betrachter von Ihrer Arbeit mitnehmen?
"Ich möchte, dass meine Kunst starke Reaktionen hervorruft. Ich hoffe, dass die Betrachter sich erregt, neugierig, visuell gefesselt und von ihrer Schönheit beeindruckt fühlen."
Können Sie uns einen Einblick in Ihre künstlerischen Pläne für 2024 geben? Gibt es spannende Projekte oder Themen, die Sie im kommenden Jahr besonders gerne erkunden möchten?
"Was meine künstlerischen Pläne für 2024 angeht, so arbeite ich derzeit an einer bedeutenden Ausstellung. Den genauen Inhalt kann ich noch nicht verraten, aber ich kann sagen, dass es sich um eine einzigartige Erkundung der auf den Kopf gestellten Modeästhetik handelt. Außerdem beschäftige ich mich aktiv mit der Schaffung großformatiger Acrylbilder."